Otto Roos, Grabmonument Familie Staechelin, 1928, Bronze, gegossen. Friedhof am Hörnli, Riehen bei Basel
Foto: Stephan E. Hauser
Otto Roos hat sich mehrfach als Bildhauer für Grabmalkunst empfohlen und konnte dazu verschiedene Aufträge ausführen.
Eine Visitenkarte führt seine Adresse an der Sennheimerstrasse an, wo er sein erstes Atelier hatte. Die Karte dürfte aus den 1910er Jahren stammen oder aus den frühen 1920er Jahren.
Eine weitere Karte, die skizzenhaft einige – bereits ausgeführte oder zur Ausführung vorgeschlagene – Werkbeispiele aufführt, ziert die Adresse am Schlipf in Riehen, stammt also aus der Zeit nach dem Bezug des Wohnhauses mit Atelier in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre.
Die älteste nachweisbare Arbeit für ein Grabmal stammt von 1922 und ist demnach noch an der Sennheimerstrasse entworfen worden. Es handelt sich dabei um ein stattliches Bronzerelief. Bestellt wurde es von Dr. A. Hausmann, einem Nachkommen Caspar Friedrich Hausmanns, der 1872 in St. Gallen die Firma Hausmann AG gründete, zu der auch die stadtbekannte Hecht-Apotheke gehörte, die 2017 unter unschönen Umständen schliessen musste.
Familiennische der Familie Hausmann, Friedhof Feldli, Urnenhalle Nr. 14, St. Gallen
(links, neben der Fensterfront). Fotos: Stephan E. Hauser
Die Bronzeplatte selbst befindet sich in der Urnenhalle 14 auf dem Friedhof Feldli in St. Gallen über der Familiennische Hausmann. Nach Auskunft der Friedhofsverwaltung ist der Vertrag für die Familiennische abgelaufen. Als historisch wertvolles Denkmal bleibt sie aber auf unbestimmte Zeit bestehen. Die Friedhofsverwaltung teilte auch mit, dass bereits 1920 eine Bestattung erfolgte, mit der Anbringung der Bronzeplatte aber die Beschriftung neu aufgesetzt werden musste – und deshalb die Namen der Erstbestatteten, Caspar Friedrich Hausmann-Eicher (1845-1920), Margot Hausmann (1889-1904), Hedwig Hausmann-Balsiger (1880-1922) nicht mehr zu sehen sind. Dass Roos nicht nur für die Bronzeplatte, sondern auch für die ursprüngliche, später durch die aktuelle ersetzte Marmortafel mit den obgenannten Namen der Bestatteten verantwortlich zeichnete, geht aus einem Brief vom 19. Dezember 1922 hervor, in dem Dr. A. Hausmann ihm die aufzusetzenden Namen mitteilt.
Auf der Bronzeplatte über der Marmortafel ist eine Fackelträgerin dargestellt, die von links kommend einem Neuankömmling im Totenreich ihre Fackel überreicht.
Otto Roos, Bronzeplatte der Familiennische der Familie Hausmann, 1922, Bronze, gegossen, 82 x 94 cm. Friedhof Feldli, Urnenhalle Nr. 14, St. Gallen.
Foto: Stephan E. Hauser
Signiert und datiert ist die Platte unten rechts unter dem linken Fuss des Neuankömmlings.
Otto Roos, Bronzeplatte der Familiennische der Familie Hausmann, 1922, Bronze, gegossen, 82 x 94 cm. Friedhof Feldli, Urnenhalle Nr. 14, St. Gallen. Detail der Signatur und Datierung im Tonmodell.
Foto: Stephan E. Hauser
Im zeichnerischen Nachlass des Künstlers sind zwei Skizzen erhalten, bei denen es sich um erste Entwürfe für die Fackelträgerin handeln dürfte.
Otto Roos, Zwei Entwürfe zur Bronzeplatte in der Familiennische Hausmann, St. Gallen, [1922], Feder auf Papier 28.6 x 25.1 cm (links), 50.2 x 38.5 cm (rechts). Erbengemeinschaft Otto Roos.
Fotos: Selina Spatz und Bettina Thommen
Dass Otto Roos als Basler einen Auftrag in der Ostschweiz ergattern konnte, kann als Hinweis auf seine damalige überregionale Bekanntheit gelesen werden.
Sehr gut dokumentiert ist eine monumentale Grabskulptur, die Roos 1928 für die Familie Staechelin in Basel anfertigen konnte. Den Auftrag erhielt er wohl von Gregor Staechelin-Allgeier. Der Architekt und Grossrat, und Vater des bekannten Kunstsammlers Rudolf Staechelin sen. (1881-1946), den er 1927 in einer Bronzebüste verewigen durfte, dachte vermutlich vorausschauend. Denn der kurz darauf, 1929, Verstorbene wurde dann als Erster im Familiengrab auf dem Friedhof am Hörnli in Riehen zu Füssen der Figur der Trauernden bestattet.
Im zeichnerischen Nachlass des Künstlers sind vier Entwürfe vorhanden.
Drei zeigen die Figur der Trauernden auf quadrierten Blättern für die Übersetzung in die plastische Umsetzung in endgültiger Grösse.
Otto Roos, Drei Entwürfe für die Grabskulptur der Familie Staechelin, Friedhof am Hörnli, Riehen bei Basel, [1928], Kohle und Graphit auf Papier, 67.3 x 38.3 cm (links), 65.7 x 38.1 (rechts), Aquarell und Tusche auf Papier, 67.0. x 39.1 cm (Mitte). Erbengemeinschaft Otto Roos.
Fotos: Selina Spatz und Betina Thommen
Ein viertes Blatt zeigt die gesamte Komposition inklusive Sockelzone.
Otto Roos, Entwurf für das Grabmal der Familie Staechelin, Friedhof am Hörnli, Riehen bei Basel, [1928], Graphit auf Papier, 36.6 x 50.4 cm. Erbengemeinschaft Otto Roos.
Foto: Selina Spatz und Bettina Thommen
Erhalten ist ausserdem ein kleines Gipsmodell der Trauernden.
Otto Roos, Modell der Trauernden für das Grabmal der Familie Staechelin, Friedhof am Hörnli, Riehen bei Basel, [1928], Gipsabguss nach dem definitiven Tonmodell, 36.5 x 12 x 11.5 cm. H. Rüetschi AG, Aarau.
Foto: Astrid Sedlmeier
Unter den nachgelassenen Fotografien finden sich Aufnahmen des kleinen Gipsmodells der Komposition inklusive Sockelzone (links) sowie Aufnahmen des Gipsabgusses nach dem definitiven Tonmodell (rechts), das anhand der quadrierten Zeichnungen geformt worden sein dürfte und beim Guss wohl verloren gegangen ist.
Fotos: Fotoalbum Otto Roos
Eine weitere Schwarzweissaufnahme zeigt die Bronze in situ im Winter.
Foto: Fotoalbum Otto Roos
In der heutigen Situation zeigt sich die Skulptur von zwei kugelrund geschnittenen Büschen flankiert.
Otto Roos, Grabmal der Familie Staechelin, 1928, Bronze, gegossen. Friedhof am Hörnli, Riehen bei Basel.
Fotos: Stephan E. Hauser
Signiert und datiert ist die Bronze rückseitig auf der Plinthe unterhalb des Mantels.
Foto: Stephan E. Hauser
Bisher nicht identifiziert und lokalisiert ist eine Grabplatte mit der Inschrift „Trine Hess-Weiss 1884-1934“, von der wir aus deren Fakturenbuch XIII nur wissen, dass sie von der Glockengiesserei H. Rüetschi AG in Aarau am 5. August 1935 nach Basel geliefert worden ist.
Schliesslich ist noch ein kleines nach oben leicht konisch zulaufendes Grabrelief zu nennen, auf dem das Brustbild eines Blumen an sich drückenden Puttos zu sehen ist.
Überliefert ist eine Fotografie des Gipsabgusses nach dem definitiven Tonmodell
Otto Roos, Modell für ein Grabrelief, Datierung unbekannt, Gipsabguss nach dem definitiven Tonmodell, 40 x 37 (unten) bzw. 35 (oben) cm. Standort unbekannt.
Foto: Fotoalbum Otto Roos
sowie eine Vorzeichnung im Nachlass des Künstlers.
Otto Roos, Entwurf für ein Grabrelief, [Datierung unbekannt], Graphit auf Papier, 50.4 x 73.5 cm (Blattgrösse). Erbengemeinschaft Otto Roos.
Foto: Selina Spatz und Bettina Thommen
Aus einem Brief an die Glockengiesserei H. Rüetschi AG in Aarau wissen wir, dass der Bruder, Adolf Roos, 1950 eine Bronze davon giessen liess, um sie an einem Grabstein für eine 1949 verstorbene Schwester anbringen zu können. Das Gipsmodell ist viele Jahre früher entstanden. Aktuell sind weder die Schwester identifiziert noch der Grabstein lokalisiert.
Keine Grabmalkunst, aber emotional mit dieser verwandt sind die Totenmasken, die Roos bisweilen anzufertigen wünschte – als Vorlage für eine Bronzebüste.
Dr. Paul Scherrer, von dem Roos im Auftrag des Kunstkredits eine Büste fertigen sollte, starb 1935, während der Arbeit an dem Bildnis. Bei einer nicht näher bezeichneten Totenmaske, die Roos am 11. Januar 1936 von der Glockengiesserei H. Rüetschi AG in Aarau geliefert bekam (Fakturenbuch XIV), muss es sich, zumal keine andere vergleichbare Arbeit aus dieser Zeit bekannt ist, auf die der Hinweis zutreffen könnte, um die – ebenso wie die Büste, verschollene! – Totenmaske des ehemaligen Präsidenten des Bankrates der Basler Kantonalbank handeln.
Fotografisch überliefert ist hingegen die Totenmaske von Dr. Jacques Brodbeck-Sandreuter, den Roos 1943 im Auftrag der eidgenössischen Kunstkommission für die Kunstsammlung des Bundes porträtieren sollte.
Otto Roos, Bildnis Dr. Jacques Brodbeck-Sandreuter, 1944, Bronze, gegossen. Aktueller Standort unbekannt.
Foto: Fotoalbum Otto Roos
Der Präsident und Delegierte des Verwaltungsrates der Gesellschaft für Chemische Industrie in Basel starb aber 1944 während der Arbeit an seiner Büste, so dass Roos mit dem Einverständnis der Witwe eine Totenmaske anfertigen durfte, um seine Arbeit an dem Bildnis noch im selben Jahr fertigstellen zu können.
Otto Roos, Totenmaske Dr. Jacques Brodbeck-Sandeuter, 1944, vermutlich bronzefarben bemalter Gips. Aktueller Standort unbekannt.
Fotos. Fotoalbum Otto Roos
Man kann an dieser Stelle abschliessend auch noch das Familienbild („Am Tisch“) von 1919 kurz erwähnen, das in einer Liste der Witwe, Rosalie Roos-Ackermann, von 1973 alternativ mit „Am Tisch“ mit dem leeren Stuhl betitelt ist und ursprünglich Der verwaiste Platz hiess. Denn es handelt sich bei diesem Gemälde um ein Erinnerungsbild an die im Oktober 1918 verstorbene Schwester Hanni.
Otto Roos, Der verwaiste Platz / Familienbild („Am Tisch“) / „Am Tisch“ mit dem leeren Stuhl / Familientisch / Tischbild, 1919, Öl auf Leinwand (Jute), 140.5 x 173 cm. Sammlung Kunstkredit Basel-Stadt, Inv. Nr. 689.
Foto: Kunstkredit Basel-Stadt
Während fast seiner ganzen aktiven Zeit als bildender Künstler hatte Roos immer wieder den Tod als heimlichen Auftraggeber an seiner Seite.